Als ich kürzlich die Pressemitteilung zum 20-jährigen Jubiläum unserer Agentur schrieb, erinnerte ich mich an einen besonders kuriosen Fall eines Gesprächs, das ich mit einem Kunden vor vier Jahren führte. Es handelte sich dabei um einen Geschäftsführer eines Handelsunternehmens.
Der Kunde war einverstanden mit meinem Angebot: Eine Pressemitteilung über das vergangene Geschäftsjahr und ein Ausblick auf das neue Jahr sollte verfasst werden.
Ich stellte ihm per Mail unter anderem die Frage nach dem Umsatz im vergangenen Jahr, woraufhin er mir per Mail 2 Mio. Euro nannte. Angesichts von acht Mitarbeitern bekam ich sogleich ein merkwürdiges Bauchgefühl. Der Entwurf der Pressemitteilung war fertig, die Freigabe des Geschäftsführers für den Versand an die Medien lag bereits vor. Doch wurde ich das komische Gefühl nicht los und sprach ihn auf den ungewöhnlich hohen Umsatz an. Schließlich räumte er ein, dass die Zahl „zu hoch“ gegriffen sei. Statt 2 Mio. Euro waren es tatsächlich nur 1,4 Mio. Euro Umsatz. Sogleich stelle ich ihm die Frage, warum er nicht von Anfang an mir die korrekten Zahlen genannt habe. Ich erinnere mich noch heute an seine Antwort: „…weil sich 2 Mio. Euro einfach besser anhören“.
Schließlich korrigierte ich die falsche Zahl in der Pressemitteilung und versendete diese mit dem „richtigen“ Umsatz.
Der Domino-Effekt bei unwahrer Effekthascherei
Dass Zahlen oder andere Angaben unter Zeitdruck – und ohne Absicht – falsch kommuniziert werden, kann passieren. Schwamm drüber, wenn man den Fehler rechtzeitig erkennt. Eine Entschuldigung gegenüber den Medien ist angemessen, wenn das „Falsche“ doch kommuniziert wird.
Wenn aber falsche Daten ganz bewusst weitergegeben werden, ist das ein großer Fehler – gerade bei der Medienarbeit. Denn Glaubwürdigkeit ist ein hohes Gut. Das Vertrauen ist schnell dahin, aber nur mühsam wieder herzustellen.
Die Moral von der Geschichte? Ich hatte mich nach diesem Vorfall von dem Kunden getrennt, weil auch ich mit meinem Team – als Überbringer der Pressemitteilung – stets an der eigenen Glaubwürdigkeit gemessen werde. Selbst wenn ich in diesem Fall nix für die falsche Umsatzzahl konnte. Allerdings sind solche „getunten“ Zahlen ein „KO-Kriterium“ bei der Medienarbeit. Sie haben mit seriöser Berichterstattung nichts zu tun. Es ist billige, unwahre Effekthascherei. Das Schlimme: Sind die „Fake News erst einmal im Umlauf, werden sie wie bei einem Domino-Effekt weiter transportiert – über zig (Online-)Medien, von einem Leser und Leserin zum nächsten.
Dabei ist die Zahl an Nachrichten und Botschaften, die wir täglich wahrnehmen und die wir selber gar nicht alle auf Wahrhaftigkeit prüfen können, schon Herausforderung genug! Stimmt doch, oder? 😉
Stefan Beck
30. Oktober 2024